Entkosakisierung

Als Entkosakisierung oder Dekosakisierung (russisch Расказа́чивание) wird die von 1918 bis 1933 unter Lenin und Stalin verfolgte Politik der Bolschewiki bezeichnet, die Volksgruppe der Kosaken als soziale und kulturelle Gemeinschaft weitgehend zu eliminieren. Ihre wichtige Position als Stütze des ehemaligen Russischen Kaiserreiches, die unmittelbare Opposition der Kosaken gegen die Machtübernahme der Bolschewiki sowie ihre bisherige Rolle im Russischen Bürgerkrieg führten im Januar 1919 zu dem erstmaligen Entschluss der sowjetischen Führung, die Elite sowie die den Bolschewiki feindlich gesinnten Personen aus dieser Bevölkerungsgruppe auszulöschen.[1] Ihre Siedlungsgebiete wurden in Lenins Worten als die „sowjetische Vendée“ bezeichnet. Nach der geheimen von Jakow Swerdlow unterzeichneten Richtlinie An alle verantwortlichen Genossen, die in den Kosakenregionen arbeiten des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Russlands (Bolschewiki) vom 24. Januar 1919 sollte „schonungsloser Massenterror die reichen Kosaken ebenso wie diejenigen, die sich gegen die Sowjetmacht gestellt haben, bis zum letzten Mann ausrotten.“[1] Der russische Historiker Gennadi Matischow bezeichnet die Aktion als „Genozid“. Die Toten kippten die Bolschewiki massenhaft in Schluchten oder in den Fluss Don, was zu einer Protestnote der Türkei an die Sowjetregierung wegen der Verschmutzung des Schwarzen Meeres durch Leichen führte.[2]

Nach dem Bürgerkrieg erhielten die Kosaken im Gegensatz zu den Nationalitäten in Sowjetrussland bzw. ab 1922 in der Sowjetunion keinen besonderen Status und Territorien. Die bis dahin bestehenden Kosakenheere wurden aufgelöst.[1] Kosaken wurden als erste Bevölkerungsgruppe in den Jahren 1920 und 1921 in Sowjetrussland Opfer von Zwangsdeportationen.[3] Die Zeit der Neuen Ökonomischen Politik brachte in den Gebieten der ehemaligen Kosakenheere eine Atempause und die Landwirtschaft erholte sich dort langsam wieder. Während der 1929 eingeleiteten Zwangskollektivierung in der Sowjetunion waren die Kosaken auch von der „Entkulakisierung“ betroffen und wurden zu hunderttausenden nach Nordrussland und Sibirien deportiert. Die durch die Zwangskollektivierung in der Sowjetunion hervorgerufene Hungersnot forderte auch unter den Kosaken viele Opfer. Mit der Verkündung eines sowjetischen Kosakentums durch Stalin in der Mitte der 1930er Jahre endeten die Kosakenverfolgungen.[1]

Bis zur Auflösung der Sowjetunion wurde zu den Unterlagen, die die Entscheidung zur gezielten Auslöschung der Kosakenelite während des Russischen Bürgerkrieges dokumentieren, nur beschränkter Zugang gewährt. Erst danach wurde durch die Öffnung von Archiven die Aufarbeitung der Ereignisse durch Historiker ermöglicht. Bisher besteht in der wissenschaftlichen Diskussion nur der Konsens, dass es sich im Falle der „Entkosakisierung“ um ein tragisches Ereignis in der Geschichte der Kosaken handelt. Alle weiteren Punkte sind zurzeit strittig (Stand November 2019).[4]

Angaben des Datums werden in diesem Artikel bis zum 1. Februarjul. / 14. Februar 1918greg. im julianischen und im gregorianischen Kalenderformat gemacht, dem Zeitpunkt der Umstellung auf den gregorianischen Kalender in Russland.

  1. a b c d Kappeler: Die Kosaken – Geschichte und Legenden. S. 78 ff.
  2. Russen und Kosaken sind unversöhnlich. 5. Mai 2015, abgerufen am 25. Januar 2021.
  3. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Poljan53.
  4. Jurtschenko: Das Problem der Entkosakisierung in der modernen Historiografie. S. 230

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