Gero

Gero in zeitgenössischer Kleidung auf einem Tafelbild, das um 1510 angefertigt wurde, vermutlich nach einer nicht mehr vorhandenen Grabplastik aus dem Jahr 965.[1] Gernrode, Stiftskirche St. Cyriakus.

Gero, auch Gero I. oder Gero der Große, († 20. Mai 965 in Gernrode) war ein ostsächsischer Graf, der von 939 bis 965 als Markgraf König Ottos I. die Tributherrschaft über die slawischen Stämme östlich der mittleren Elbe und der Saale ausübte („Sächsische Ostmark“).

Gero entstammte einem hoch angesehenen ostsächsischen Adelsgeschlecht. Aufgrund seiner Herkunft und der persönlichen Nähe zum König erhielt er nach dem Tod seines Bruders das prestigeträchtige Amt eines militärischen Oberbefehlshabers (Legat). In dieser Funktion sicherte er ab dem Jahr 937 von Sachsen aus den Anspruch Ottos I. auf die Oberhoheit über die elbslawischen Stämme. Damit trug Gero die Hauptlast der sächsisch-slawischen Grenzkämpfe und hielt dem König den Rücken frei für andere Aufgaben. Dafür zeichnete ihn Otto I. um das Jahr 940 mit dem ursprünglich karolingischen Markgrafentitel aus. Diese Auszeichnung hob Gero nochmals aus der Menge der sächsischen Grafen hervor, verlieh ihm aber keine zusätzlichen Befugnisse oder eine Mark als Amtsgebiet. Nachdem Gero fast 20 Jahre zu den engsten Vertrauten Ottos I. gehört hatte, kam es im Zuge des Liudolfinischen Aufstandes zu einer tiefgreifenden Entfremdung zwischen König und Markgraf, in deren Folge Otto I. sich von Gero abwandte und Hermann Billung zu seinem Stellvertreter in Sachsen machte. Gero wurde in seinem Amt belassen, spielte aber bis zu seinem Tode für die Königsherrschaft Ottos I. keine Rolle mehr. Von Geros Selbstverständnis und dem sich daraus ergebenden Repräsentationsanspruch zeugt mit der romanischen Stiftkirche St. Cyriakus in Gernrode eines der bedeutendsten ottonischen Baudenkmäler.

Während mittelalterliche sächsische Quellen Geros Tatkraft rühmten, galt er national gesinnten Historikern des 19. und 20. Jahrhunderts in Deutschland und Polen als Prototyp des Markgrafen und Symbolfigur einer mittelalterlichen „deutschen“ Eroberungspolitik im Osten. Heute geht die Geschichtswissenschaft davon aus, dass die Verleihung des Markgrafentitels ehrenhalber erfolgte und Geros Kämpfe mit den Elbslawen keine Eingliederung der slawischen Gebiete in das Ostfrankenreich zum Ziel hatten, sondern vorrangig der gewaltsamen Durchsetzung von Tributzahlungen durch die unterworfenen Slawen dienten.

  1. Ausführlich zu dieser Vermutung Kurt Bauch: Das mittelalterliche Grabbild. Figürliche Grabmäler des 11.–15. Jahrhunderts in Europa. De Gruyter, Berlin u. a. 1976, ISBN 3-11-004482-X, S. 18 Anm. 57.

Gero

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