Paulicius, in der Historiographie der neuzeitlichen Republik Venedig oftmals Anafestus Paulucius oder Paoluccio Anafesto genannt, galt lange als der erste Doge von Venedig. Nach der Tradition, der ab dem 14. Jahrhundert zunehmend dominierenden, staatlich gesteuerten Geschichtsschreibung, wurde er als Dux der Siedlungen der Lagune von Venedig und der näheren Umgebung im Jahr 697 gewählt, um die Verteidigung gegen die Langobarden zu koordinieren. Folgt man der neuzeitlichen Überlieferung, so starb der erste Doge im Jahr 717 nach etwa zwanzigjähriger Herrschaft. Die älteren historischen Werke geben allerdings stark davon abweichende Herrschaftsdaten an.
Die Historizität des Dogen wurde seit den Forschungen des frühen 20. Jahrhunderts bestritten. Er zählt seit den Arbeiten von Roberto Cessi nicht mehr als erster Doge. Das Gleiche gilt auch für seinen angeblichen Nachfolger Marcellus, der gleichfalls lange zu den insgesamt 120 Dogen gezählt wurde, die gegen Ende der Republik Venedig Anerkennung durch die staatliche Geschichtsschreibung fanden. In der jüngsten Forschung gilt jener Marcellus, der angebliche Nachfolger des Paulicius, als Beherrscher zumindest von Teilen der Lagune und ihrer näheren Umgebung, während Paulicius vielleicht Treviso dominierte, das zum Langobardenreich gehörte. Mit der Umdeutung der ersten beiden angeblichen Dogen, etwa als Stellvertreter der oströmischen Macht, gilt nunmehr Orso Ipato als erster Doge.