Prosa-Tristan

Isolde kredenzt den Zaubertrank
Eros und Thanatos unauflöslich vereint.[1]
Beginn einer schicksalhaften Liebe, die unaufhaltsam zum Tode führt.
Tristan als Ritter der Tafelrunde
Der Gral erscheint den Artusrittern
Miniatur, Handschrift BnF ms. 116[2]

Prosa-Tristan, französisch «Le Roman de Tristan en Prose», bezeichnet ein überdimensionales altfranzösisches Romanwerk des 13. Jahrhunderts, das in über 80 teils kostbar illuminierten Handschriften mit zahlreichen Varianten und in verschiedenen Versionen überliefert ist.[3]

In dieser Prosaauflösung der Verserzählungen des 12. Jahrhunderts wird „der große europäische Mythos vom Ehebruch[4], „Tristan und Isolde“, in einem erweiterten Kontext und auf vielfach verschlungenem Wege völlig neu erzählt. Die Prosautoren bauten den „Tristan-und-Isolde-Stoff“ durch viele Einschübe aus dem märchenhaften keltischen Sagenkreis der «matière de Bretagne» immens aus, und zwar mit Hilfe von Elementen, welche sie dem altfranzösischen Vulgata-Zyklus (Lancelot-Gral-Zyklus) entnahmen.[5]

Hier werden die berühmten ehebrecherischen Paare Tristan-Isolde und Lancelot-Guenièvre in einem Crossover zusammengeführt und rivalisieren um die Lesergunst des spätmittelalterlichen Publikums. Tristan wird in den Rang eines Artusritters erhoben und reiht sich als Verwandter biblischer Gralshüter in die Zahl derer ein, die auf Gralssuche gehen.[6]

Der bekannte Tristan-und-Isolde-Stoff verschmilzt mit dem beliebten Artus-Stoff zu „einem der größten Ritterromane des 13. Jahrhunderts“. Dieses euphorische Urteil fällt der französische Mediävist Philippe Ménard 1987 im Vorwort seiner altfranzösischen Edition des « Roman de Tristan en prose »:

« Un des plus grands romans de chevalerie du XIIIe siècle, le Tristan en prose, est encore, pour l'essentiel, inédit. »

Einer der größten Ritterromane des 13. Jhd., der Prosa-Tristan, ist im Wesentlichen noch nicht herausgegeben worden.[7]

1997, mit Erscheinen des neunten Bandes im Genfer Verlag Librairie Droz, fand diese Edition nach Kodex 2542, fol. 469v—500v, der ÖNB in Wien nach mehr als zweitausend Seiten ihren Abschluss.

In den Jahren 1997–2007 unternahm Philippe Ménard einen zweiten Anlauf. Sein Team aus renommierten französischen Romanisten edierte eine andere Version des Romanwerkes nach Handschrift Paris, BnF fr. 757, in fünf Bänden auf ca. 3.000 Seiten, erschienen im Pariser Verlag Honoré Champion.[8]

  1. (FR) Emmanuèle Baumgartner: Tristan et Iseut: De la légende aux récits en vers, S. 5.
  2. BnF ms. 116, fol. 610v Auf Gallica. Handschrift aus dem 15. Jhd.
  3. Le roman de Tristan en prose. Herausgegeben von Philippe Ménard, Verlag Droz Genf 1987, Band 1, S. 8: ISBN 978-2-600-00190-8, französisch eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  4. « La légende de Tristan et Iseult, l’archétype du grand mythe européen de l’adultère ». Denis de Rougemont: L’Amour et l’Occident. 1939, 2001, ISBN 978-2-264-03313-0
  5. Philippe Walter (Hrsg.): Le Livre du Graal. Drei Bände, Bibliothèque de la Pléiade, Gallimard, Paris 2001–2003.
  6. Dietmar Rieger: Tristans Wandlung. Zum altfranzösischen Prosatristan und seinen „auctores“. In: Tristan und Isolt im Spätmittelalter. Vorträge eines interdisziplinären Symposiums vom 3. bis 8. Juni 1996 an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Herausgeber: Xenja von Ertzdorff und Rudolf Schulz, Verlag Brill Rodopi 1999, ISBN 90-420-0605-6, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  7. Le roman de Tristan en prose. Herausgegeben von Philippe Ménard, Verlag Droz Genf 1987, Band 1, S. 7: ISBN 978-2-600-00190-8, französisch eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  8. Édition Philippe Ménard, nach Handschrift BnF fr. 757, Sigel „N“ (Kurzversion des Romans „V. I.“), Verlag Champion, Reihe CFMA (Classiques français du moyen âge), Paris, fünf Bände, 1997–2007.

Prosa-Tristan

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