Im Berliner Kongress vom 13. Juni 1878 bis zum 13. Juli 1878 verhandelten die europäischen Großmächte die Gebietsabtretungen des Osmanischen Reiches im Frieden von San Stefano nach dem Ende des russisch-osmanischen Kriegs (1877–1878). Mit dem Deutschen Reich als Gastgeber und Otto von Bismarck als Verhandlungsführer gelang es Großbritannien und Österreich-Ungarn, die von Russland gewünschte Vergrößerung Bulgariens und damit einen Zugang zum Mittelmeer zu verhindern und seinen Einfluss auf der Balkanhalbinsel zugunsten Österreich-Ungarn einzudämmen. Der Kongress endete mit der Unterzeichnung des Berliner Vertrages, der den von San Stefano ersetzte.
Durch den Kongress gewann das Deutsche Reich Anerkennung für seine Vermittlungsrolle, obwohl Russland mit Österreich und Großbritannien mit Russland, Österreich und dem Osmanischen Reich alle wichtigen Fragen teilweise geheim vorab verhandelt hatten. Hauptgewinner war Großbritannien, das Zypern gewann. Gebietsgewinne erzielte Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich behielt große Teile des Balkan. Das Ergebnis führte zu anhaltender Unzufriedenheit und Streit in Serbien, Bosnien, Montenegro, Albanien, Bulgarien, Makedonien, Rumänien und Griechenland. Russland, das Bessarabien und einige transkaukasische Gebiete gewann, fühlte sich als Verlierer und gab dem Deutschen Reich die Schuld an seiner diplomatischen Niederlage.
Die Balkanfrage blieb weiterhin offen. Historiker sehen den Berliner Kongress als retardierenden Zwischenschritt der Balkankonflikte und des Niedergangs des Osmanischen Reiches. Er ist Ausdruck der Spannungen der europäischen Großmächte und Beginn von Allianzen, deren zunehmende Gegensätze den Ersten Weltkrieg mitverursachten.