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Formgeschichte

Formgeschichte ist eine Methode innerhalb der historisch-kritischen Methode der biblischen Exegese. Der Begriff stammt aus der von Goethes Blick auf die Morphologie („Gestaltenlehre ist Verwandlungslehre“) beeinflussten Naturwissenschaft: Der Botaniker Franz Joseph Schelver hat ihn geprägt.[1] Die Formgeschichte untersucht den biblischen Text nach dem Theologen Karl Ludwig Schmidt im Hinblick auf die dort enthaltenen Textgattungen. Statt Formgeschichte sind auch, mit leichten Bedeutungsnuancen, die Begriffe Formkritik und Gattungskritik gebräuchlich.[2]

So ergibt sich beispielsweise für den ersten Schöpfungsbericht in 1. Mose 1,1–2,4a  eine grundsätzlich andere Betrachtungsweise und ein anderes Verständnis, wenn dieser Text als zum Teil polemische Abgrenzung von den mesopotamisch-vorderasiatischen Nachbarstaaten Israels gesehen wird und nicht als naturwissenschaftlicher Faktenbericht.

Die Formkritik unterscheidet also zwischen hymnenartigen Texten wie dem Psalter, die stärkeren Akzent auf Glaubens- denn auf Geschichtsaussagen legen, und Büchern mit größerer historischer Aussagekraft wie den Büchern der Könige oder der Chronik.

Mit Blick auf die Evangelienüberlieferung des Neuen Testaments schreibt der Theologe Martin Dibelius: „Auf dem Boden der Volksüberlieferung, wo viele Namenlose sich durch Weitergabe des Überlieferten, durch Veränderung oder Vermehrung schaffend betätigen, und wo der einzelne Autor keine literarischen Ziele hat, bedeutet die persönliche Eigenart des Dichters oder Erzählers wenig; weit wichtiger ist die Form, wie sie durch praktische Bedürfnisse geschaffen oder durch Brauch und Herkommen überliefert wird.“[3]

  1. Vgl. dazu Reinhard Breymayer: Vladimir Jakovlevič Propp (1895–1970) – Leben, Wirken und Bedeutsamkeit. In: Linguistica Biblica 15/16 (1972), S. 36–77 (S. 67–77 Bibliographie); hier S. 64.
  2. Étienne Charpentier: Führer durch das alte Testament. Patmos, Düsseldorf 1984, ISBN 3-491-77288-5, S. 31–32
  3. Dibelius: Formgeschichte, 6. Aufl., S. 1.

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