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Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland

Broschüre Gleiches Recht, Frauenstimmrecht. Wacht auf Ihr deutschen Frauen aller Stände, aller Parteien! des Deutschen Verbands für Frauenstimmrecht (1907)

Die Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland entwickelte sich ab den 1890er Jahren, als zum einen das allgemeine Wahlrecht für Männer auf die politische Agenda kam und zum anderen die Frauenbewegung durch die Beschlussfassung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Erfahrung machte, dass die Anliegen der Frauen nicht gehört wurden. Der Begriff der Stimmrechtsbewegung wird allgemein auf einen Teil der bürgerlichen Frauenbewegung bezogen. Doch auch die sozialistische Frauenbewegung setzte sich für das Frauenwahlrecht ein, wobei beide Seiten auf die gegenseitige Abgrenzung Wert legten. Zum Bewegungskern gehörten die überregional agierenden Aktivistinnen Anita Augspurg, Minna Cauer, Lida Gustava Heymann, Helene Stöcker, Marie Stritt, Clara Zetkin und Martha Zietz, die ein soziales und politisches Netzwerk bildeten. Sie wirkten als Vortragsreisende und Rednerinnen und galten als Vorbilder und Bahnbrecherinnen.[1]

Mit der Gründung des Deutschen Vereins für Frauenstimmrecht 1902 in Hamburg (1904 in Deutscher Verband für Frauenstimmrecht umgewandelt) begann die Organisationsphase der Bewegung. Nach der Liberalisierung der Vereinsgesetze 1908 nahm die Zahl der Stimmrechtsvereine und der darin engagierten Frauen stark zu. Welches Frauenwahlrecht gefordert wurde, wurde kontrovers diskutiert, was schließlich zu einer Zersplitterung der regionalen und lokalen Stimmrechtsvereine in mehrere Dachverbände führte. Die 1909 gegründete Deutsche Vereinigung für Frauenstimmrecht forderte das Wahlrecht für Frauen, aber nicht das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Frauen, wie die Forderung des 1913 entstandenen Deutschen Frauenstimmrechtsbunds lautete. Der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht nahm eine mittlere, gemäßigte Position ein. Trotz der Querelen wuchs die bürgerliche Stimmrechtsbewegung. Ende 1918 gehörten den Stimmrechtsvereinen ungefähr 10.000 Mitglieder an. Das Vortrags- und Pressewesen der Stimmrechtsbewegung trug maßgeblich zur Meinungsbildung der deutschen Öffentlichkeit im Hinblick auf das Frauenstimmrecht bei.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs schloss sich die Frauenbewegung dem sogenannten Burgfrieden der politischen Parteien und Gruppierungen an. Die Stimmrechtsaktivitäten kamen zum Erliegen. Die Frauenbewegungsvereine engagierten sich in großem Umfang im Rahmen des Nationalen Frauendienstes an der sogenannten Heimatfront für den Krieg. Erst 1917, als klar wurde, dass nach dem Krieg in Anerkennung für die Kriegsanstrengungen in Preußen nur für die Männer das allgemeine Wahlrecht eingeführt werden sollte, schlossen sich die Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung und der sozialistischen Frauenbewegung zusammen, um gemeinsam für das Frauenwahlrecht zu kämpfen. Anfang November 1918 fanden große Kundgebungen zur Einführung des Frauenwahlrechts statt. Auf Aufforderung des Bundes Deutscher Frauenvereine wurde im Reichstag mit der Ausarbeitung eines Gesetzes für das Frauenwahlrecht begonnen, das wegen der Revolution nicht mehr zur Abstimmung kam. Am 12. November 1918 proklamierte der Rat der Volksbeauftragten das gleiche, geheime, direkte, allgemeine Wahlrecht für alle Männer und Frauen ab einem Alter von 20 Jahren. Deutschland gehörte damit zu den ersten europäischen Ländern, in denen das Frauenwahlrecht eingeführt wurde. Der Deutsche Reichsverband für Frauenstimmrecht, zu dem sich 1916 der Frauenstimmrechtsverband und die Frauenstimmrechtsvereinigung zusammengeschlossen hatten, löste sich 1919 auf.

  1. Wischermann, Frauenbewegungen, 2003, S. 125.

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