Hussitenkriege

Hussitenkriege
Kampf zwischen Hussiten und katholischen Kreuzfahrern (Bild aus dem Jenaer Kodex)
Datum	30. Juli 1419 bis 30. Mai 1434
Ort	Mitteleuropa, vor allem in den Ländern der böhmischen Krone
Ausgang	Sieg der gemäßigten Hussiten (Kalixtiner bzw. Utraquisten) und Katholiken über die radikalen Hussiten (Taboriten)
Folgen	Mehrere: Kompromiss zwischen Utraquisten und der katholischen Kirche; beide verbünden sich im Kampf gegen die Taboriten Anerkennung der Utraquisten und ihrer Rituale durch die katholischen Kirche (Prager Kompaktaten) Verbot der Taboriten und ihrer Rituale Unumstrittene Herrschaft von Sigismund von Luxemburg als König von Böhmen
Konfliktparteien Länder Tschechiens Hussitenbewegung Anm. a) (1419–1420) Pilsener Hussiten Südböhmische Hussiten Westböhmische Hussiten Taboriten Hussiten-Koalition Anm. b) (1420–1423) Taboriten Prager Hussiten Anm. c) Orebiten Anm. d) Hussiten von Saaz und Louny Anm. e) Böhmischer hussitischer Adel und Städte Mährische Hussiten Mährischer Hussitenadel Nový Tábor (1420–1421) Radikale Hussitenfraktion (1423–1434) Taboriten Orebiten (bis 1424) Sirotci Anm. f) (ab 1424) Großfürstentum Litauen Anm. g) Verbündete: Krone des Königreichs Polen Polnisch-hussitischer Einmarsch in Preußen im Rahmen des Polnisch-Deutschen Krieges (1431–1435) Krone des Königreichs Polen Herzogtum Pommern-Stolp Orebiten als Söldner In Polen: Polnische Hussiten Katholiken, königstreue Adlige und Kreuzfahrer: Heiliges Römisches Reich Anm. h) Länder der Böhmischen Krone Tschechischer katholischer Adel Pilsener Landfrieden Anm. i) Deutschböhmen und Deutschmährer Anm. j) Markgrafschaft Mähren Erzbistum Olmütz Herzogtümer in Schlesien Herzogtum Oels Fürstentum Neisse Herzogtum Ohlau Herzogtum Münsterberg Herzogtum Sagan Herzogtum Schweidnitz-Jauer Erzbistum Breslau Herzogtum Troppau Oberlausitz Niederlausitz Egerland Grafschaft Glatz Markgrafschaft Meißen (bis 1423) Kurfürstentum Sachsen (ab 1424) Herzogtum Österreich Kurpfalz Oberpfalz Mark Brandenburg Herzogtum Bayern Bayern-Landshut Kurtrier Kurmainz Kurköln Herzogtum Thüringen Landgrafschaft Hessen Schwäbischer Städtebund Freie und Reichsstädte (teilweise) Hochstift Würzburg Herzogtum Braunschweig-Lüneburg Kirchenstaat Deutscher Orden Johanniterorden Ungarn-Kroatien Anm. k) kumanische Söldner Anm. l) Königreich England Anm. m) Serbische Despoten Krone des Königreichs Polen Anm. n) Katholische Verbündete: (ab 1423) Utraquisten Prager Hussiten Tschechisch-katholischer Adel Adamiten (ursprünglich taboritische Pikarden) Anm. o) Befehlshaber Jan Žižka Prokop der Große † Prokop der Geringere † Jan Želivský Jan Čapek ze Sán Diviš Bořek z Miletínka (bis 1423) Hynek Kruschina von Lichtenburg Jakoubek z Vřesovic Jan Roháč z Dubé Bohuslav von Schwanberg † Vinzenz von Wartenberg Žygimantas Kaributaitis Jan Tovačovský aus Cimburk Hanuš aus Kolovrat † Aleš Vřešťovský von Riesenberg Chval Řepický von Machovic Jan Pardus aus Horky a Vratkova Mikuláš z Husi a Pístného † Ondřej Keřský von Řimovic Peter Zmrzlík von Schweißing der Jüngere Jan Talafús von Ostrova Kuneš von Bělovic Bedřich von Strážnice Jan Hvězda z Vícemilic Ojířové von Očedělic Johann von Kralowitz Petr Hromádka Mikuláš Sokol Verbündete der polnisch-hussitischen Invasion Preußens: Mikuláš von Michalów Sudivoj von Ostroróg Bogislaw IX. Unterstützer: 20px Władysław II. Jagiełło Spytko III. von Melsztyn Sigismund von Luxemburg Papst Martin V. Philippo Scolari Ulrich II. von Rosenberg Bohuslav von Schwanberg (1419–1422) Vinzenz von Wartenberg Jan Všembera aus Boskovice Petr Konopišťský aus Šternberk Mikeš Divůček aus Jemniště Jindřich aus Kravař und Plumlov † Hanuš aus Kolovrat † Hynek Ptáček von Pirkstein Hintze Pflugk von Rabenstein Heinrich von Hradec † Ruprecht II. Johann von Bucca Konrad von Oels Přemysl I. Puta der Jüngere von Častolowitz Ludwig III. (Liegnitz-Lüben) Ludwig II. (Liegnitz) Johann I. (Münsterberg) Johann I. (Sagan) Thimo von Colditz Albrecht von Kolditz Hanuš aus Polen Friedrich I. (Sachsen) Heinrich von Isenburg Boso von Vitzthum Friedrich I. (Brandenburg) Friedrich II. (Sachsen) Ludwig III. (Pfalz) Johann (Pfalz-Neumarkt) Johann III. (Bayern) Albrecht II. (HRR) Reinprecht IV. von Walsee Giuliano Cesarini der Ältere Otto von Ziegenhain Đurađ Branković Jan Marothi Stibor zo Stiboríc II. Michael Ország Jan Vircburský Henry Beaufort Wilhelm I. (Braunschweig-Wolfenbüttel) Erasmus Fischborn Paul von Rusdorf Hińcza von Roggow Diviš Bořek z Miletínka (1423–1434) Zbigniew Oleśnicki (Kardinal)

Die Hussitenkriege (auch als Hussitische Revolution bezeichnet) bestanden in einer Reihe militärischer Konflikte, die zwischen 1419 und 1434 im Königreich Böhmen und den angrenzenden Ländern ausgetragen wurden. In ihnen standen sich zunächst die Anhänger des 1415 in Konstanz als Ketzer hingerichteten Prager Theologen Jan Hus und die Kreuzzugsheere des römisch-deutschen Königs Sigismund – zugleich König von Ungarn und Böhmen – und seiner katholischen Verbündeten gegenüber. Am Ende kam es auch zu Kämpfen unter den Hussiten selbst, in denen die gemäßigten Utraquisten die radikal chiliastischen und sozialrevolutionären Taboriten besiegten.

In den Kriegen entluden sich sowohl religiöse als auch nationale und soziale Spannungen: zwischen den vorreformatorischen Hussiten und der Papstkirche, zwischen deutsch- und tschechischsprachigen Böhmen und zwischen armer Landbevölkerung einerseits und wohlhabenden Städten und Adligen andererseits. Unter ihren Anführern Jan Žižka und Andreas Prokop schlugen die disziplinierten, geschickt taktierenden Bauernheere der Taboriten erfolgreich fünf Kreuzzüge zurück, zu denen Papst Martin V. aufgerufen hatte, bevor sie selbst den Utraquisten unterlagen. Diese einigten sich auf dem Konzil von Basel mit dem inzwischen zum Kaiser gekrönten Sigismund auf einen Kompromiss, der in den Basler Kompaktaten festgehalten wurde. Danach erkannten sie Sigismund als böhmischen König an, im Gegenzug akzeptierte er weitgehend die Reform der böhmischen Kirche nach hussitischen Vorstellungen, einschließlich des Laienkelchs, der Säkularisierung von Kirchengut, der Predigtfreiheit und der Bestrafung von Todsündern gemäß der Bibel. Die Utraquisten, deren Name sich davon herleitete, dass sie auf die „communio sub utraque specie“ bestanden – d. h. das „Abendmahl in beiderlei Gestalt“ von Brot und Wein – waren damit fast 100 Jahre vor der Reformation Luthers die erste Glaubensgemeinschaft in Europa, mit der Kaiser und Kirche verhandeln und der sie Zugeständnisse machen mussten.