Als „Judenfrage“ (auch: „jüdische Frage“ oder „Judensache“) wurden in Europa ab dem 18. Jahrhundert die Probleme bezeichnet, die sich aus der Jüdischen Emanzipation ergaben. Die Diskussion begann um 1750 in Großbritannien, um 1790 in der Französischen Revolution auch in Frankreich und wurde auch als jüdische Frage (englisch jewish question, französisch la question juive) bezeichnet. Diese Formulierung betonte eher den Anspruch der Juden auf eine politische Lösung ihrer Probleme mit Nichtjuden.[1]
Ab 1860 eigneten sich Judengegner den Begriff im Kontext des Nationalismus immer mehr an, um die jüdische Minderheit und das Judentum auf verschiedene Weisen als Hindernis der allgemeinen gesellschaftlichen Entwicklung zu beschreiben. Seit dem Börsenkrach von 1873 wurde der Begriff im Kaiserreich zu einem feststehenden Ausdruck des zeitgenössischen Antisemitismus, der Juden jede Fähigkeit zur Integration und Assimilation absprach und ihnen ein Weltherrschaftsstreben unterstellte („Weltjudentum“).
Der Nationalsozialismus propagierte im Anschluss an die Deutschvölkische Partei eine „Endlösung der Judenfrage“. Ab 1941 tarnte und rechtfertigte dieser Ausdruck die Durchführung des Holocaust.