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Methodischer Kulturalismus

Der Methodische Kulturalismus ist eine von Peter Janich und seinen Schülern[1] entwickelte philosophische Denkrichtung.

Kernaussage ist, dass die Gegenstände der Wissenschaft nicht auf rein theoretischen Überlegungen beruhen, sondern durch menschliches Handeln zustande kommen. Wissenschaft wird als Fortführung von praktischen Prozessen der Alltagswelt verstanden und muss daraufhin systematisch und methodisch hinterfragt werden, ob sie diese fördert.

Der Methodische Kulturalismus versteht sich als eine Weiterentwicklung des Methodischen Konstruktivismus der Erlanger Schule von Paul Lorenzen und Wilhelm Kamlah. 1996 formulierten Peter Janich und Dirk Hartmann die Grundüberlegungen dieses Ansatzes.[2] Als Kultur wird dabei die Summe der Ergebnisse menschlichen Handelns begriffen. Der Mensch ist immer Mitglied einer Handlungs- und Kommunikationsgemeinschaft in einer lebensweltlichen (alltäglichen) Praxis.

Im Zentrum steht eine neu formulierte Handlungstheorie, die neben praktischen Handlungen im strengen Sinn auch Sprachhandlungen umfasst und gegen so genannte „Widerfahrnisse“ und „instinktives Verhalten“ abgegrenzt wird. Normativer Ausgangspunkt der Handlungstheorie ist das lebensweltliche Handeln, so dass Wissenschaft als eine Weiterentwicklung und Spezialisierung vorwissenschaftlicher Praxis aufgefasst wird. Eine Rekonstruktion dieses Sachverhaltes erfolgt in den vom Konstruktivismus so bezeichneten „Prototheorien“[3] (dem Programm und dem terminologischen System einer Fachwissenschaft) der Physik, der Chemie, der Biologie oder der Psychologie. Hieraus resultiert ein Begriff der Erkenntnis, der das Gelingen von Handlungen zum Maßstab hat. Wissen ist dabei pragmatisch bestimmt als das Verfügen über Mittel für verfolgte Zwecke. Entsprechend pragmatisch begründet ist auch die Wissenschaftstheorie des Methodischen Kulturalismus, die entgegen der üblichen Praxis bewusst auch die technischen Ingenieurwissenschaften mit dem Kriterium der „Kulturhöhe“ und der „geordneten Handlungsfolge“ einbezieht.

Ziel des Methodischen Kulturalismus ist es, eine rationale Weltorientierung zu bieten, ohne dabei die implizite metaphysische Letztbegründung des Naturalismus zu betreiben, und andererseits gegen den Relativismus der Postmoderne eine Leitlinie für eine begründete Praxis der Lebenswelt und der Wissenschaften bis in die Ethik anzubieten. Der Methodische Kulturalismus sieht sich als eine Philosophie, die durch eine kritische anti-universalistische (also nicht verabsolutierende) Denkweise geprägt ist.[4]

Das philosophische Konzept verbindet bis auf die Tatsache, dass beide den Menschen als Kulturwesen ansehen, wenig mit dem sozialwissenschaftlichen Begriff der Kulturalismus, der oft für die Überinterpretation der kulturellen Prägung einer Person oder Gruppe steht und damit eine kritische Konnotation aufweist.[5]

  1. Hierzu gehören insbesondere Dirk Hartmann, Mathias Gutmann, Armin Grunwald (Homepage) sowie Nikolaos Psarros (Homepage).
  2. Dirk Hartmann und Peter Janich (Hrsg.): Methodischer Kulturalismus. Zwischen Naturalismus und Postmoderne. Suhrkamp, Frankfurt 1996.
  3. Nicht zu verwechseln mit den Protowissenschaften.
  4. Gerd Hanekamp: Kulturkritik und Postmoderne. In: Hartmann/Janich Methodischer Kulturalismus. S. 390–420, hier S. 394.
  5. Vgl. kritisch: Gazi Çağlar: Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen: Der Westen gegen den Rest der Welt. Eine Replik auf Samuel P. Huntington. Basel 2002.

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