Koordinaten: 32° 54′ 0″ N, 6° 57′ 0″ W
Das Ouled-Abdoun-Becken ist eine Region sowie eine bedeutende Rohstoff- und Fossillagerstätte in Marokko. Es befindet sich im zentralen Teil des Landes im nördlichen Vorland des Hohen Atlas, etwa 100 km südöstlich von Casablanca. Eine herausragende überregionale Bedeutung erlangte das Becken neben seinem Fossilreichtum durch immense Phosphatvorräte, die zu den größten der Welt zählen. Die Phosphate lagern in einer kompakten Sedimenteinheit, bestehend aus Kalk- und Mergelsteinen von teilweise nur 15 bis 30 m Mächtigkeit, und sind in mehreren Lagen ausgebildet. Die Schichtenfolge wird als „Phosphatserie“ bezeichnet. Sie setzt sich nach Südwesten über einzelne weitere Becken bis in den Norden der Westsahara fort und findet sich zusätzlich noch am Südrand des Hohen Atlas. Dabei nimmt sie teilweise an Mächtigkeit zu, die Phosphate verlieren aber mitunter an Qualität. Die Entstehung der Phosphatlagen erstreckte sich über einen Zeitraum von der Oberkreide bis zum Mittleren Paläozän vor rund 72 bis 48 Millionen Jahren. Ihren Ursprung haben sie in einem damals flachgründigen Meer, das den Südrand des ehemaligen Tethys-Ozeans bildete. Heute werden die Phosphate sowohl im Tage- als auch im Untertagebau in einer Größenordnung von mehreren Millionen Tonnen jährlich wirtschaftlich gefördert und weltweit exportiert.
Fossilien finden sich in allen Abschnitten der Phosphatserie, sie treten aber teilweise konzentriert auf. Aufgrund des langen Bildungszeitraumes der Ablagerungen von über 25 Millionen Jahren schließen sie die Kreide-Paläogen-Grenze vor rund 66 Millionen Jahren und das Paläozän/Eozän-Temperaturmaximum vor rund 56 Millionen Jahren ein. Der bei weitem überwiegende Anteil der Fossilfunde umfasst Tiere, Pflanzen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Es dominieren, dem Bildungsmilieu der Phosphatserie entsprechend, Meeresbewohner. Unter diesen haben die Hai- und Rochenartigen eine herausragende Stellung, da sie einerseits die häufigste Fundkategorie bilden, andererseits über die Biostratigraphie zur zeitlichen Einordnung der einzelnen Schichten herangezogen werden. Des Weiteren ist auch eine größere Anzahl an Knochenfischen belegt. Zusätzlich tritt eine sehr vielfältige Reptiliengemeinschaft auf. Diese setzt sich aus Schildkröten, Krokodilen, Mosasauriern und Plesiosauriern zusammen, schließt aber auch Schlangen und Warane mit ein. Als bemerkenswert kann das Vorkommen verschiedener Flugsaurier und Vögel angesehen werden, ebenso wie das von landbewohnenden Tieren, die sowohl Dinosaurier als auch Säugetiere beinhalten. Vor allem diese Reste verweisen darauf, dass die Bildung der Phosphatserie relativ küstennah erfolgte. Im Gegensatz zu den Funden der meeresbewohnenden Reptilien, die teilweise als vollständige Skelette vorliegen, ist das Material der landlebenden Formen stärker fragmentiert.
Die erste Erwähnung von Phosphatlagen im Ouled-Abdoun-Becken erfolgte im Jahr 1917, nur wenige Jahre späte begann die kommerzielle Förderung der Rohstoffe. Die bereits zu diesem Zeitpunkt bekannten reichhaltigen Fossillagen führten ab Mitte der 1930er Jahre zu einer intensiven Untersuchung durch Camille Arambourg. Er erarbeitete in den nächsten zwanzig Jahren eine detaillierte stratigraphische Gliederung und zeitliche Einstufung der Phosphatserie, die bis heute Bestand hat. Nach seinem Ausscheiden in den 1950er Jahren kam die wissenschaftliche Untersuchung im Ouled-Abdoun-Becken weitgehend zum Erliegen. Erst die Entdeckung einzelner Reste landbewohnender Säugetiere in den 1990er Jahren schob den Fokus des wissenschaftlichen Interesses wieder auf die Region, der bis heute ununterbrochen ist.