Die Selberg-Klasse ist ein mathematischer Begriff aus der Zahlentheorie. Der norwegisch-US-amerikanische Mathematiker Atle Selberg führte diese Klasse von Funktionen im Jahr 1989 ein. Sie enthält die für die Zahlentheorie fundamentale Riemannsche Zeta-Funktion und zahlreiche, aber sorgfältig ausgewählte, verwandte Funktionen, sogenannte L-Funktionen. Diese Verwandtschaft kommt folgendermaßen zustande: die Selberg-Klasse besteht aus allen Dirichlet-Reihen, welche grundlegende Eigenschaften mit der Riemannschen Zeta-Funktion gemeinsam haben:
Damit enthält die Selberg-Klasse, neben der Riemannschen Zeta-Funktion, auch zum Beispiel die Dirichletschen L-Funktionen zu primitiven Dirichlet-Charakteren, die Dedekindschen L-Funktionen zu algebraischen Zahlkörpern und die Heckeschen L-Funktionen zu primitiven Größencharakteren. Bei Artinschen L-Funktionen hängt die Frage der Mitgliedschaft in der Selberg-Klasse von der Artin-Vermutung ab. Diese konnte bislang nur für einen Teil der Artinschen L-Funktionen bewiesen werden.[1]
Mit der Selberg-Klasse verbindet sich die Hoffnung, die Eigenschaften und Struktur von Funktionen aufklären zu können, die Mathematiker weithin als geeignete Verallgemeinerungen der Riemannschen Zeta-Funktion betrachten. Dadurch soll nicht zuletzt ein Weg zum Beweis der Riemannschen Vermutung geebnet werden. Man nimmt sogar an, dass alle Funktionen in der Selberg-Klasse die sogenannte Große Riemannsche Vermutung erfüllen: keine Nullstelle, deren Realteil den Wert 1/2 übersteigt.[2] Könnte man die Selbergsche Orthonormalitätsvermutung für die Funktionen in der Selberg-Klasse beweisen, so würde daraus die Richtigkeit der Artin-Vermutung folgen.[3] Bislang weder bewiesen noch widerlegt, sind Fortschritte bei der Erforschung dieser Vermutungen für die Zahlentheorie und die gesamte Mathematik von höchster Bedeutung.