Die zweite Marcellusflut, auch: Mandrankels, Grote Madetuen oder Grote Mandrenke („große Manntränke, großes Ertrinken“), bezeichnet eine verheerende Sturmflut, welche die deutsche Nordseeküste von Ostfriesland bis Nordfriesland betraf. Laut späterer Überlieferung begann sie am 15. Januar 1362, erreichte am 16. Januar – dem Tag Marcelli Pontificis, das heißt des heiliggesprochenen Papstes Marcellus I., nach welchem sie den Namen Marcellusflut erhielt – ihren Höhepunkt und fiel erst am 17. Januar wieder ab. In dieser Flut sollen die nordfriesischen Uthlande zerrissen sein. Rund 100.000 Hektar Land, darunter viel fruchtbares Kulturland, gingen verloren. Zwischen Elbe und Ripen sollen der Überlieferung nach zehntausende Menschen ums Leben gekommen sein. Rungholt, der damals größte Handelsort des Nordens, ging verloren.[1]
Die Entstehung von Dollart, Leybucht und Jadebusen wurde mit diesem Datum verbunden. Zeitgenössische Quellen in England, Holland und Bremen berichten ausschließlich über einen Sturm aus dem Westen, Südwesten und Süden, der die südliche Nordseeküste verschont haben wird.[2] In der deutschen Küstenforschung des 20. Jahrhunderts nahm die Sturmflut jedoch seit Carl Woebcken eine Schlüsselstellung ein, wobei sie für einen großen Teil des spätmittelalterlichen Landverlusts verantwortlich gemacht wurde.[3] Die holländische Küstenforscherin Elisabeth Gottschalk war, jedenfalls für die Niederlande, „äußerst skeptisch, [weil sie] keine einzige maßgebliche zeitgenössische Quelle“ vorfand, die für die massive Wirkung dieser Sturmflut den Beweis lieferte.[4]