Ammoniakgummi, Ammoniakharz oder Ammoniacum, auch Armenisches Gummi (lateinisch Armeniacum[1] und Armoniacum[2]) genannt, ist ein Gummiharz, das aus den Stängeln der in den Steppen von Iran, Turkestan, Afghanistan und Sibirien wild wachsenden, mannshohen Ammoniakpflanze (Dorema ammoniacumD.Don, Synonym: Ferula ammoniacum) aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae), spontan austritt und erstarrt. Auch andere Arten von Dorema (Synonym: Ferula) wie Dorema aucheri (Synonym: Ferula aucheri) gelten als Lieferanten der Droge. Die Art Dorema ammoniacum wurde 1832 durch David Don erstmals beschrieben.[3]
Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit wurde dieses Harz (bzw. Gummiharz persischer Umbelliferen[4]) auch als Armoniac und Armoniacum bezeichnet.[5][6][7]
Das gelblich-bräunliche bis orangefarbige Gummiharz mit bitter-scharfem, aromatischem Geschmack hat einen eigentümlichen, etwas unangenehmen Geruch. Es wurde bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts für medizinische Zwecke genutzt. Heute dient es noch außerhalb des medizinischen Bereichs als Räucherwerk.
In der medizinischen Praxis des nordeuropäischen Mittelalters und der frühen Neuzeit scheint die Gummiharzdroge keine große Rolle gespielt zu haben. Erst im 18. und 19. Jahrhundert war das Ammoniacum vermehrt in den Arzneibüchern nachzuweisen. Auch hier waren es vornehmlich die seit Dioskurides überlieferten Heilanzeigen, für welche die Gummiharzdroge empfohlen wurde, insbesondere für Bronchialkatarrhe und Atembeschwerden, sowie als Bestandteil von gelinde reizenden Pflastern.[16][17][18]
↑Vgl. etwa Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 134 (Ammoniacum) und 135 (Armeniacum).
↑Vgl. Ute Obhof: Rezeptionszeugnisse des „Gart der Gesundheit“ von Johann Wonnecke in der Martinus-Bibliothek in Mainz – ein wegweisender Druck von Peter Schöffer. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018, S. 25–38, hier: S. 32 (Armoniacum „gumij“).
↑David Don. On the plant which yields the gum ammoniacum. From the Transactions of the Linnean Society. London 1832 (Digitalisat)
↑Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitationsschrift, Halle an der Saale 1959, S. 159.
↑Eva Shenia Shemyakova: ‘Des Juden buch von kreuczenach’. Untersuchung und Edition des Rezeptteils des Heidelberger Cpg 786. In: Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 8/9, 2012/13, S. 207–265, hier: S. 230.
↑Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 113 (armoniacum).
↑Wilhelm Hassenstein, Hermann Virl: Das Feuerwerkbuch von 1420. 600 Jahre deutsche Pulverwaffen und Büchsenmeisterei. Neudruck des Erstdruckes aus dem Jahr 1529 mit Übertragung ins Hochdeutsche und Erläuterungen von Wilhelm Hassenstein. Verlag der Deutschen Technik, München 1941, S. 109 (Armoniacum, ein Gummi oder amoniacum) und 111 (zu Elemi).
↑Dioskurides, 1. Jh., De Medicinali Materia libri quinque (nach Berndes 1902, S. 322), Buch III, Cap. 88: (Digitalisat)
↑Avicenna. 10.-11. Jh. Kanon der Medizin, Band II. Überarbeitung durch Andrea Alpago (1450–1521). Basel 1556, S. 180 (Digitalisat) - Constantinus africanus, 11. Jh. Liber de gradibus simplicium (nach der Druck-Ausgabe Basel 1536, S. 375): (Digitalisat) - Pseudo-Serapion, 13. Jh. (Druck-Ausgabe Venedig 1497) (Digitalisat) - Abu Muhammad ibn al-Baitar. 13. Jh. Kitāb al-jāmiʿ li-mufradāt al-adwiya wa al-aghdhiya – Große Zusammenstellung über die Kräfte der bekannten einfachen Heil- und Nahrungsmittel. Übersetzung. Joseph Sontheimer unter dem Titel Große Zusammenstellung über die Kräfte der bekannten einfachen Heil- und Nahrungsmittel. Hallberger, Stuttgart Band I 1840, S. 48 (Digitalisat)
↑Theodor Husemann. Handbuch der gesamten Arzneimittellehre. Springer, Berlin 1873–1875. 2. Auflage 1883, Band II, S. 548–50 (Digitalisat)
↑Arnold Leonhard Cloetta. Lehrbuch der Arzneimittellehre und Arzneiverordnungslehre. 10. Auflage (Hrsg. Wilhelm Filehne). Mohr, Tübingen und Leipzig 1901. S. 247 (Digitalisat)
↑Wolfgang Schneider: Lexikon zur Arzneimittelgeschichte. Sachwörterbuch zur Geschichte der pharmazeutischen Botanik, Chemie, Mineralogie, Pharmakologie, Zoologie. Govi-Verlag, Frankfurt a. M. Band 5/2 (1974), S. 34–35: Dorema(Digitalisat)