Anishinabe

Verbreitung der Anishinaabe(g)-Stammesgruppen um 1800 (inklusive der Ojibwa/Chippewa)
Dorf der Ojibwa bei Sault Sainte Marie 1846, Gemälde von Paul Kane
Der Wildreis ist bei den Anishinabe immer noch eine der wichtigsten subsistenz- und marktwirtschaftlichen Einnahmequellen.

Die Anishinabe (Ojibwe ᐊᓂᔑᓈᐯ Anishinaabe) sind eine der heute größten indigenen Ethnien Nordamerikas. Der Name wird heute in doppelter Weise verwendet:

  1. Im weiteren Sinne – korrekter im Plural – Anishinaabeg/Anishinabek („Erstes Volk“, „Originales Volk“, oder „Wesen, geschaffen aus dem Nichts“) – werden die kulturell sowie historisch eng verwandten Indianerstämme der Algonkin, Nipissing, Mississauga, Potawatomi, Odawa, Oji-Cree (Severn Ojibwa), Saulteaux (Salteaux) und die Ojibwa (Chippewa) als Anishinabe bezeichnet. Sie sprechen bzw. sprachen verschiedene Varianten und Dialekte des Anishinaabemowin/Ojibwemowin (ᐊᓂᔑᓈᐯᒧᐎᓐ), einer Algonkin-Sprache.[1][2][3]
  2. Im engeren Sinne – Anishinabe oder Anishinaabe im Singular – werden gemeinhin nur der in Kanada als Ojibwe oder Ojibwa und in den USA als Chippewa bezeichnete Volksstamm sowie dessen regionale Dialekt- und Stammesgruppen der Mississauga und Saulteaux (Salteaux) als Anishinabe bezeichnet. Früher bezeichneten sie sich selbst als Ojibwe (Plural: Ojibweg), heute jedoch zunehmend als Anishinabe.

Dieser Artikel möchte einen Überblick über den kulturellen Hintergrund bzw. Verwandtschaft aller Stämme der Anishinaabeg geben – nähere Detailauskünfte zu den einzelnen Stämmen sind unter den zugehörigen jeweiligen Artikeln nachzulesen. Wird die Bezeichnung Anishinabe gebraucht, ist hierbei immer der Volksstamm der Ojibwe (Chippewa) gemeint.

Die Anishinaabeg stammten ursprünglich aus der Region rund um die Großen Seen, später erstreckte sich ihr traditionelles Siedlungsgebiet auf Grund ihrer Expansion nach Westen und Südwesten während des Pelzhandels von den Großen Seen über die südlichen kanadischen Prärieprovinzen bis nach Westkanada sowie in die Nördlichen Plains der Vereinigten Staaten.

Die Mehrheit der Anishinaabeg lebt heute in Kanada, der Rest meist im Nordosten der USA, unter ihnen stellen mit heute ca. 335.000 Stammesmitgliedern die Anishinabe bei weitem die größte Gruppe und zählen daher zu den größten Indianervölkern Nordamerikas. Die Anishinabe sind in Kanada in ca. 125 First Nations organisiert, die vom Westen Quebecs bis in den Osten British Columbias zu finden sind – hierbei gibt es ca. 77.940 Ojibwe (Chippewa); 76.760 Saulteaux (Salteaux) und 8770 Mississaugas – sie sind damit nach den Cree die zweitgrößte indigene Gruppe unter den First Nations. Nach dem Census von 2010 gibt es zudem 170.742 Chippewa (Ojibwe) in den USA, die in mehreren auf Bundesebene anerkannten (federally recognized tribes) sowie auf Bundesstaatsebene anerkannten Stämmen (state recognized tribes) organisiert sind und somit die viertgrößte indigene Gruppe unter den Stämmen (übertroffen nur durch die Navajo, Cherokee und Lakota) darstellen.

Mit seinen verschiedenen regionalen Dialekten ist Anishinaabemowin/Ojibwemowin (ᐊᓂᔑᓈᐯᒧᐎᓐ) die zweithäufigste gesprochene indigene Sprache Kanadas (nach Cree) sowie die vierthäufigste in Nordamerika (nach Navajo, Inuit und Cree). Heute sprechen noch ca. 56.531 Anishinaabeg ihre Muttersprache, wobei wiederum mit ca. 33.000 Muttersprachlern die Anishinabe die größte Gruppe darstellen.

Zwischen 1680 und 1800 begann die Ethnie der Anishinaabeg zu expandieren, um weiterhin im Pelzhandel als Mittelsmänner zwischen Franzosen und Briten und Stämmen im Landesinneren auftreten zu können; nunmehr errichteten viele Gruppen ihre Siedlungen oftmals in der Nähe europäischer Handelsposten, um Handelskompanien mit Wildbret, Fisch, Wasserreis, Beeren, Früchten und Pemmikan zu versorgen, als Kundschafter, Trapper und Jäger zu dienen sowie die Europäer gegen feindliche Stämme (Dakota, Irokesen, Fox u. a.) zu verteidigen. Durch den Zwang, sich an die jeweils verschiedenen Stammesgebiete anzupassen, und durch den engen Kontakt im Zusammenleben mit den Europäern (mit denen es oft Mischehen gab, hieraus entstanden dann die Métis) gliederten sie sich kulturhistorisch in drei Gruppen:

  • Fischer, Elch- und Karibujäger der subarktischen Wälder Zentral- und Nord-Ontarios; den Cree nahestehend und heute häufig mit jenen vermischt. Diese Gruppe wird heute durch die Severn Ojibwa (Ojicree, Oji-Cree) mit etwa 8.000 Angehörigen (1999) repräsentiert
  • Bisonjäger der nördlichen Prärien; heute West-Ojibwa (Saulteaux, Plains Ojibwa oder Bungi) westwärts des Winnipegsees in Saskatchewan bis zu einigen kleineren Gruppen im Westen British Colombias. Sie verloren mit der Ausrottung des Bisons Ende des 19. Jahrhunderts ihre Subsistenzbasis
  • Wildreis-Ernter, Jäger, Fischer und Gartenbauer zwischen Nipissing-See im Osten und Winnipegsee im Westen; heute Ost-Ojibwa, Zentral-Ojibwa und Nordwest-Ojibwa. Zu den Letztgenannten gehören die Dialekte Saulteaux (Berens River Ojibwa), Lac Seul Ojibwa, Albany River Ojibwa, Lake of the Woods Ojibwa und Rainy River Ojibwa[4]

In manchen Publikationen werden die nördlichen Anishinabe-Jäger Ojibwa, die Präriejäger Plains-Ojibwa und die südlichen Gruppen Chippewa genannt.

  1. Anishinaabeg oder Anishinabek
  2. Anishinaabe Nations by State or Province / Anishinaabe Akiing (Memento vom 10. Mai 2010 im Internet Archive)
  3. Carl Waldman: Encyclopedia of Native American Tribes. 3. Auflage, Checkmark Books, New York (USA) 2006, ISBN 978-0-8160-6273-7. S. 65–66.
  4. Ojibwa. In: Hartmut Motz: Sprachen und Völker der Erde – Linguistisch-ethnographisches Lexikon. Band 2. Projekte-Verlag Cornelius, Halle 2007, ISBN 978-3-86634-368-9, S. 392–395.

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