Unter Fernweidewirtschaft fasst man diejenigen Formen der Weidewirtschaft in der Tierhaltung zusammen, in denen die Futtergründe der Tiere nicht direkt um einen ständigen Wohnsitz liegen.
Die Entwicklungsgeschichte der Wanderviehwirtschaft lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. An die naturräumliche Ausstattung angepasste Weideformen entwickelten sich zu verschiedenen Formen der Fernweidewirtschaft. Daneben beeinflussten soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklungen im starken Maße die Erscheinungen der Viehwirtschaft. Fernweidewirtschaft ist eine traditionelle Lebensweise ursprünglicher Regionen, in denen ackerbauliche Landwirtschaft aufgrund der naturräumlichen Ausstattung nicht möglich ist. Gebirgsregionen der winterfeuchten Subtropen sowie subtropische Trockenregionen (Steppen, Voll- und Halbwüsten) sind typischerweise Zonen der weitest entwickelten Fernweidewirtschaft. Ein Problem neuerer staatlicher Strukturen ist, dass durch künstliche Grenzziehung ehemalige Wanderbewegungen stark eingeschränkt (N-Afrika) und teilweise gänzlich unterbunden (Balkan, Kleinasien) wurden.
Einzelne Formen der Fernweidewirtschaft sind herdentreibender (z. B. Schafe, Rinder) oder -folgender (Rentiere) Nomadismus (ständiges Wandern, in eine strengeren Form gänzlich ohne festen Wohnort, oder Pendeln zwischen Wohnorten), Transhumanz (saisonelles Wandern), Almwirtschaft (saisonelles Pendeln zwischen Tal und Berg), Hutewirtschaft (gelegentliches Fernweiden) sowie die modernisierten halbnomadisch/halbsesshaften Formen der mobilen Weidewirtschaft, die vor allem Nomadismus und Transzumanz ersetzen. Das Gros der Fernweidewirtschaft findet auf Urgrasland (Steppen, Savannen, Tundren) statt und wird in diesem Fall als Pastoralismus bezeichnet.
Man schätzt, das 200 bis 500 Mio. Menschen auf der Erde vorwiegend von traditionellen Formen der Fernweidewirtschaft leben. Da diese Wirtschaftsweisen sehr häufig mit Bodenbau kombiniert werden, ist eine genauere Zahl nicht ermittelbar.[1]