Gentrifizierung

Yachthafen in den St Katharine Docks, Juni 2004: Symbol für die abgeschlossene Gentrifizierung der Londoner Docklands

Als Gentrifizierung (von englisch gentry „niederer Adel“), auch Gentrifikation, im Jargon auch die Yuppisierung (siehe Yuppie), bezeichnet man den sozioökonomischen Strukturwandel großstädtischer Viertel durch eine Attraktivitätssteigerung zugunsten zahlungskräftigerer Eigentümer und Mieter und deren anschließenden Zuzug.

Damit verbunden ist der Austausch ganzer Bevölkerungsgruppen. Der teilweise als politisches Schlagwort verwendete Begriff ist in der Stadtforschung von Bedeutung, aber theoretisch nach wie vor nicht eindeutig definiert. Interessant ist unter anderem, wieso und wo sie nicht stattfindet. Es ist auch umstritten, ob steigende Wohnungspreise Ursache oder Wirkung des Austauschprozesses sind. Erste Gentrifizierungsanzeichen finden sich immer schon vor den preislichen Änderungen im Wohnungsmarkt. Als wichtig gelten ebenso die Unterschiede im Habitus, im Geschmack, in den sozialen und kulturellen Ausdrucksweisen und symbolhaft inszenierten Konsumgewohnheiten[1] von Neuankömmlingen und der bestehenden Einwohnerschaft im öffentlichen Raum.[2][3]

Grundsätzlich unterschiedliche Erklärungsmuster der Gentrifizierung heben auf Veränderungen der sozialen und räumlichen Organisation von Arbeit ab, ebenso auf die Entstehung der Gentrifizierer – andere auf die materielle Herstellung (bzw. Reproduktion und Erneuerung) der gebauten Umwelt.[4]

Die Gentrifizierung wirkt unter anderem der in den 1950er und 1960er Jahren konstatierten Landflucht und dem Ausbau der Vorstädte entgegen und ist Ausdruck der seitdem höheren Attraktivität von einigen Innenstadtbereichen insbesondere für neue Mittelschichten. Sie ist besonders stark in Städten mit bereits im 19. Jahrhundert (vgl. Gründerzeit) erstellter Wohnbebauung in Innenstadtlagen.[5] Ein zentraler Aspekt der neueren Forschung bezieht über den Wohnungsmarkt hinaus die Konsumgewohnheiten und den Wandel des lokalen Handels mit ein.[6] Die vorigen empirischen Untersuchungen hatten die kommerzielle Gentrifizierung, die Rolle von Handel, Boutiquen und Gastronomie, gegenüber der residenziellen Gentrifizierung, dem Wandel der Wohnbevölkerung, vernachlässigt.[7]

Als Gegenmaßnahme wird das Stadtrecht im Sinne des Zugangs zur Stadt, des Rechts auf Stadt als Lebensraum auch für Gruppen eingefordert, die entsprechenden Anforderungen (etwa der neuen Mittelschichten) nicht genügen.[8] Ebenso wird angestrebt, mit Planungsvorgaben und Regulierung wie mit regionalen Initiativen Gentrifizierungsprozessen und deren Auswüchsen entgegenzutreten.[9]

  1. Sharon Zukin: CONSUMING AUTHENTICITY. In: Cultural Studies. Band 22, Nr. 5, 1. September 2008, S. 724–748, doi:10.1080/09502380802245985 (ingentaconnect.com [abgerufen am 30. Dezember 2016]).
  2. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen strat.
  3. Miriam Stock: Der Geschmack der Gentrifizierung: Arabische Imbisse in Berlin. transcript Verlag, 2016, ISBN 978-3-8394-2521-3 (google.de [abgerufen am 30. Dezember 2016]).
  4. Chris Hamnett: Les aveugles et l'éléphant : l'explication de la gentrification. In: Strates. Matériaux pour la recherche en sciences sociales. Nr. 9, 30. September 1997, ISSN 0768-8067, doi:10.4000/strates.611 (openedition.org [abgerufen am 5. Februar 2023]).
  5. Chris Hamnett: Les aveugles et l'éléphant : l'explication de la gentrification. In: Strates. Matériaux pour la recherche en sciences sociales. Nr. 9, 30. September 1997, ISSN 0768-8067, doi:10.4000/strates.611 (openedition.org [abgerufen am 5. Februar 2023]).
  6. „Falafel ist ein Armeleuteessen“ FALAFEL Ja, auch frittierte Kirchererbsenbällchen sind ein Indikator der Gentrifizierung. Die Berliner Kulturgeografin Miriam Stock hat den Prozess hin zur Mangosauce erforscht (Memento vom 30. Dezember 2016 im Internet Archive), Anne Haeming, in taz am Wochenende, 18./19. Januar 2014
  7. Miriam Stock, Der Geschmack der Gentrifizierung S. 13, mit Bezug auf Sharon Zukin 2009
  8. Sharon Zukin: Naked City: The Death and Life of Authentic Urban Places. New York: Oxford University Press, 2010. S. 244, mit Bezug zu Henri Lefebvre und David Harvey
  9. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen :3.

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