Die Geschichte der Niederlande umfasst die historischen Entwicklungen auf dem Gebiet der Niederlande, dem europäischen Teil des gleichnamigen Königreichs, von der Urgeschichte bis zur Gegenwart.
Seit der Eiszeit leben Menschen in den flachen, tief gelegenen „Niederen Landen“ zwischen der Nordsee und den Mündungsgebieten von Ems, Rhein, Maas und Schelde. Mit dem Abschmelzen der Gletscher und dem Anstieg des Meeresspiegels am Ende der Weichsel-Kaltzeit entstand ein relativ sumpfiges Land, das stets von Überschwemmungen bedroht und daher nur in seinen höher gelegenen Regionen bewohnbar war. Die Römer eroberten ab etwa 50 v. Chr. die Gebiete links des Rheins. Das Land am rechten, nördlichen Ufer dieser natürlichen Grenze blieb trotz mehrerer Eroberungsversuche unter friesischer Herrschaft. In römischer Zeit entstanden erste Siedlungen, die jedoch aufgrund vermehrter Sturmfluten seit dem Jahr 200 wieder aufgegeben wurden.
Wegen des Niedergangs des Römischen Reichs nahm in der Spätantike der Einfluss der Franken auf den Süden des Landes zu, den sie schließlich ihrem Reich einverleibten. Der Norden und die Küstenregionen blieben weiterhin friesisch, im Osten dominierten zunächst die Sachsen. Zur Zeit des Fränkischen Reichs begann die Christianisierung des Landes. Durch dessen Teilung im Vertrag von Verdun 843 kam das Gebiet östlich der Schelde um Maas und Niederrhein an das Mittelreich Lothars I. und 925 an das entstehende Römisch-deutsche Reich (→ Herzogtum Lothringen). Flandern fiel 843 an das Westreich Karls II., des Kahlen, das spätere Frankreich.
Im Hochmittelalter erlebten die Niederlande einen raschen Aufschwung durch Seehandel, Fischfang, Wollhandel und Tuchmacherei. Da die lothringische Herzogsgewalt nur schwach ausgebildet war, gewannen Städte wie Brügge, Gent oder Antwerpen zunehmend an Selbstbewusstsein und politischer Autonomie. Im 12. Jahrhundert bildeten sich zudem relativ stabile, selbständige Territorien heraus: im Norden die Grafschaften Holland, Seeland und Geldern sowie das Hochstift Utrecht, im Süden das Hochstift Lüttich, die Grafschaften Flandern, Hennegau und Namur sowie die Herzogtümer Brabant und Limburg. Mit Ausnahme von Flandern gehörten alle diese Gebiete zum Heiligen Römischen Reich. Die Bindungen zu ihm lockerten sich jedoch im Spätmittelalter zunehmend. Im 14. und 15. Jahrhundert gelang es den Herzögen von Burgund erstmals, den größten Teil der heutigen Benelux-Staaten unter ihrer Herrschaft zu vereinen. Ihr Besitz fiel Ende des 15. Jahrhunderts an die Habsburgermonarchie. Infolge der Reformation wurden die nördlichen Landesteile im 16. Jahrhundert protestantisch.
Der in den „Niederen Landen“ geborene Kaiser Karl V. schlug die reichen burgundischen Gebiete bei der Teilung seines Erbes 1555 seinem Sohn, König Philipp II. von Spanien zu. Dessen frühabsolutistische und gegenreformatorische Politik löste 1568 eine von Wilhelm von Oranien geführte Rebellion in den nördlichen Landesteilen aus, der in den Achtzigjährigen Krieg mündete. Im Jahr 1579 schlossen sich die aufständischen Gebiete zusammen und gründeten die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen. Sie erlangte 1648 im Frieden von Münster im Rahmen der Westfälischen Friedensverhandlungen ihre Unabhängigkeit und wurde von da an als Republik der Vereinigten Niederlande bezeichnet. Trotz des Krieges erlebte diese im 17. Jahrhundert ihr „Goldenes Zeitalter“ und überflügelten die bis dahin wirtschaftlich führenden südlichen Niederlande. Amsterdam stieg zum weltweit bedeutendsten Handelsplatz auf. Die 1602 gegründete Vereinigte Ostindische Kompanie (VOC) und die Westindische Kompanie (WIC) verhalfen der Republik durch den Handel mit Südostasien, Westafrika und Amerika zu immensem Reichtum. Flandern und die übrigen überwiegend katholischen Gebiete im Süden blieben als Spanische Niederlande weiter unter habsburgischer Herrschaft. Nach dem Aussterben der spanischen Habsburger fielen sie 1714 als Österreichische Niederlande an den österreichischen Zweig der Dynastie zurück.
Durch mehrere Kriege gegen England und gegen Frankreich geschwächt, verloren die Niederlande nach dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1714) endgültig ihren im 17. Jahrhundert errungenen Großmachtstatus. Die Republik ging schließlich in der Zeit der Französischen Revolution unter. Sie wurde als Batavische Republik zunächst ein Satellitenstaat und schließlich – ebenso wie die vormals Österreichischen Niederlande – zu einem Teil Frankreichs. Erst nach der Niederlage Napoleons erlangten die Niederlande ihre Unabhängigkeit wieder. Auf dem Wiener Kongress wurden die nördlichen und die südlichen Landesteile 1815 zum Königreich der Vereinigten Niederlande unter dem Haus Oranien-Nassau zusammengeschlossen. Hauptstadt war weiterhin Amsterdam, der Regierungssitz jedoch wurde nach Den Haag verlegt. Bereits 1830 kam es in den katholischen und großenteils französischsprachigen südlichen Niederlanden zu einem Aufstand gegen die Zentralregierung. Das Land wurde als Königreich Belgien unabhängig. Die Personalunion mit Luxemburg endete 1890. Seither haben die Niederlande ihre heutigen Grenzen.
Gelang es dem Land im Ersten Weltkrieg noch, seine Neutralität zu wahren, wurde es 1940, im Zweiten Weltkrieg, vom Deutschen Reich überfallen und fünf Jahre lang besetzt. Mithilfe des US-amerikanischen Marshallplans gelang nach dem Krieg der Wiederaufbau. Nach dem Verlust seiner größten Kolonie, Niederländisch-Indiens, im Jahr 1949 orientierte sich das Land außenpolitisch neu: Aus der neutralen Seemacht wurde ein Gründungsmitglied der NATO und der Europäischen Union, zu deren wohlhabendsten Mitgliedsstaaten es heute gehört.