Als Hirtenvolk wird jede ethnische Gruppe bezeichnet, deren vorrangige Lebensgrundlage die Viehzucht ist. Hirtenvölker sind in der Regel nicht sesshaft, haben also eine nomadische (Hirtennomadismus) oder halbnomadische (Yaylak-Pastoralismus) Lebensweise. Sie sind dort verbreitet, wo sich ein dauerhafter Ackerbau klima- oder witterungsbedingt (Kälte- oder Trockensteppe, Wassermangel) oder wegen Nährstoffarmut der Böden nicht lohnt, aber von Natur aus eine offene Graslandschaft vorherrscht (siehe Pastoralismus).
Sie lassen von ihren Viehherden, bestehend aus Großsäugern (primär Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen oder auch Rentiere) das Gras oder die Blätter und Triebe der Gehölze abweiden. Gras ist eine robuste und genügsame Pflanze und wächst auch an Orten, wo der Anbau von Nutzpflanzen kaum möglich ist. Die Hirten bleiben an einem Ort, bis das Futter abgeweidet ist und suchen dann ggf. auch saisonal neue Weidegründe auf.
Graslandschaften mit sehr eingeschränkten Möglichkeiten für den Ackerbau sind Savanne, Steppe und Tundra. Der geoklimatisch bedingte Steppengürtel Eurasiens zieht sich südlich des Laubwaldgürtels, nur von Gebirgen (Alpen, Karpaten, Ural) oder Meeren (Kaspisches und Schwarzes Meer) unterbrochen, vom Burgenland in Österreich bis in die östliche Mongolei. In Nordamerika treten die großen Plains, in Südamerika tritt die Pampas an ihre Stelle. Aber auch Gebirge und Hochplateaus bieten, zum Beispiel in Vorder- und Mittelasien und in den europäischen Hochgebirgen wie den Alpen, Hirtenvölkern eine Lebensgrundlage. Hirtenvölker gibt es auch im Savannengürtel Afrikas, zum Beispiel die Massai.
Das nördlich der beiden Waldgürtel Laubwald und Nadelwald (Taiga) liegende Gebiet der gras- und moosbewachsenen Tundra ist für rentierzüchtende Hirtenvölker wie Komi oder Samen und ihre Herden ein geeigneter Lebensraum. In Amerika und Australien gibt es keine Hirtenvölker, weil dort vor der Entdeckung der Kontinente durch die Europäer keine „domestizierbaren“ Großsäuger vorhanden waren.