Als iatrogen (altgriechisch ἰατρός iatros, deutsch ‚Arzt‘ und γένεσις genesis, deutsch ‚Entstehung‘, also ‚vom Arzt erzeugt‘) werden Krankheitsbilder bezeichnet, die durch ärztliche Maßnahmen verursacht oder verschlimmert wurden, unabhängig davon, ob sie nach Stand der ärztlichen Kunst vermeidbar oder unvermeidbar waren. Im weiteren Sinn ist auch jede andere Wirkung ärztlichen Handelns, insbesondere die Heilung, iatrogen.
Zu iatrogen verursachten Krankheitsbildern gehören beispielsweise iatrogene Infektionen sowie unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten, welche von einem Arzt verabreicht werden. Ein typisches Beispiel für eine iatrogene Komplikation ist der iatrogene Pneumothorax bei Anlage eines Gefäßkatheters in die Vena subclavia. Fehlerhafte Medikamentenverordnung ist ebenfalls eine wichtige, durch ärztliches Handeln verursachte Komplikation.
In gleicher Bedeutung wird diese Bezeichnung auch in der Psychologie (Psychologische Diagnostik, psychologische Begutachtung) verwendet, wenn Diagnostik, Diagnosen oder Beurteilungen zur Ausprägung oder Verstärkung psychischer Störungen oder Befindensbeeinträchtigungen allein durch die Art der Vermittlung beitragen (iatrogene Noxe).
Ein Problemfeld von großer gesundheitspolitischer Tragweite ist die iatrogene Medikamentenabhängigkeit insbesondere von psychotropen Medikamenten (die sogenannte Niedrigdosisabhängigkeit, low-dose dependency).[1]
In seiner grundsätzlichen Kritik des Medizinbetriebes erweitert der Philosoph Ivan Illich 1975 den Begriff der Iatrogenesis und unterscheidet die klinischen, sozialen und strukturellen Auswirkungen der Medizin. Er definiert: "Im engsten Sinn des Wortes bezeichnet ›iatrogene Krankheit‹ nur jene Leiden, die nicht entstanden wären, wenn keine korrekte und medizinisch angezeigte Behandlung vorgenommen worden wäre." Später ergänzt Illich: "Die soziale Iatrogenesis ist die paradoxale, unerwünschte und schädliche soziale Wirkung der Medizin, die größer ist als die der direkten technischen Interventionen", etwa indem der Entwicklungsstand eines Landes an ökonomisierbaren medizinischen Faktoren festgemacht wird.[2]