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Deutsches Kaiserreich |
Die Politik des Deutschen Kaiserreiches wurde verfassungsrechtlich von vier wichtigen Staatsinstitutionen bestimmt. Der deutsche Kaiser war als konstitutioneller Monarch das Staatsoberhaupt, der Bundesrat vertrat die Gliedstaaten, der Reichstag war das nationale Parlament und die Reichskanzlei war für den Verkehr des Reichskanzlers mit den übrigen Reichs- und Staatsorganen verantwortlich. Die Innenpolitik wurde stark von Spannungen zwischen den konservativen Eliten und den aufstrebenden sozialistischen und liberalen Bewegungen geprägt. Trotz einer autoritären und konservativen Ausrichtung gab es durchaus auch demokratische und rechtsstaatliche Tendenzen. Nationale Minderheiten wie Polen und Dänen, aber auch Katholiken und Sozialdemokraten sahen sich als sogenannte Reichsfeinde oft jedoch staatlichen Repressalien und Diskriminierungen ausgesetzt. Die Außenpolitik des Deutschen Kaiserreiches war von einer zunehmenden bündnispolitischen Isolierung und aggressiven kolonialen Bestrebungen geprägt.
Die abwertende Bezeichnung „Reichsfeinde“ wurde im Deutschen Kaiserreich benutzt, um politische Gegner zu markieren, aus der Gemeinschaft der Reichsangehörigen auszuschließen und ihre Bekämpfung zu rechtfertigen. Reichskanzler Otto von Bismarck bezeichnete mit dem Begriff vor allem Sozialdemokraten und Katholiken, doch wurden auch andere Gruppen mit diesem Schimpfwort abgewertet. Das Deutsche Reich war 1871 im Krieg gegen Frankreich gegründet worden, das damit in der Tradition der angeblichen deutsch-französischen Erbfeindschaft als äußerer Reichsfeind markiert war. Ihm wurden die inneren Reichsfeinde gegenübergestellt: Als solche galten alle Kräfte, die in den kleindeutsch-protestantischen Nationalstaat nicht hineinpassten oder hineinpassen wollten. Neben den Katholiken und der Arbeiterbewegung galt das für nationale Minderheiten wie Dänen, Polen oder Elsass-Lothringer, die bis 1890 stets Vertreter der Protestpartei in den Reichstag wählten, und die Anhänger der Welfen, die die Annexion des Königreichs Hannover durch Preußen ablehnten. Sehr bald wurde der Begriff auch auf die deutschen Juden ausgeweitet. Als angebliche Reichsfeinde wurden all diese Gruppen als undeutsch stigmatisiert: Ihnen wurde nationale Unzuverlässigkeit unterstellt; sie würden die Einheit der Nation unterminieren und sie dadurch schwächen. Damit war ein Großteil der Bevölkerung des Reiches aus der Staatsgemeinschaft ausgegrenzt, bei der Reichstagswahl 1881 erhielten die von Bismarck als „Reichsfeinde“ gebrandmarkten Parteien laut dem amerikanischen Historiker Otto Pflanze eine Zweidrittelmehrheit. Im Mittelpunkt standen dabei einerseits der politische Katholizismus mit der Zentrumspartei und andererseits die Arbeiterbewegung, die 1875 aus dem reformistischen Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) und der marxistischen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) bildete. Den Katholiken wurde unterstellt, sie seien nicht in erster Linie dem neugegründeten Reich gegenüber loyal, sondern dem Papst (Ultramontanismus). mehr
Wilhelm Liebknecht
(Fotografie aus den 1870er Jahren)
Preußische Deutschlandpolitik und Nationalbewegung
Deutscher Nationalismus - Deutscher Dualismus - Kleindeutsche Lösung - Erfurter Union (1849/1850)- Deutscher Nationalverein - Neue Ära (1858–1862) - Preußischer Verfassungskonflikt (1859–1866) - Realpolitik - Ernennung Otto von Bismarcks zum preußischen Ministerpräsidenten (1862) - Blut und Eisen (1862)
Deutsche Einigungskriege und Norddeutscher Bund
Deutsche Einigungskriege - Deutsch-Dänischer Krieg (1864) - Erstürmung der Düppeler Schanzen - Preußisch-Österreichischer Krieg (1866) - Schlacht bei Königgrätz - Vorfrieden von Nikolsburg - Norddeutscher Bund (1867–1871) - Emser Depesche (1870) - Deutsch-Französischer Krieg (1870–1871) - Schlacht von Sedan - Friede von Frankfurt
Entstehung des Kaiserreiches
Novemberverträge - Kaiserbrief - Deutsche Reichsgründung - Verfassung des Deutschen Bundes - Sedantag
Verfassung
Verfassung des Deutschen Bundes - Bismarcksche Reichsverfassung - Deutscher Kaiser - Reichskanzler - Reichstag - Bundesrat - Reservatrechte - Lex Miquel-Lasker (1873) - Stellvertretungsgesetz (1878) - Oktoberreformen (1918)
Allgemeines
Kanzlerdiktatur - Innere Reichsgründung - Reichsfeinde - Sogenannter Neuer Kurs - Sogenanntes Persönliches Regiment
Kulturkampf
Kulturkampf - Akademischer Kulturkampf - Bayerischer Kulturkampf - Ultramontanismus - Kanzelparagraph (1871) - Schulaufsichtsgesetz (1872) - Jesuitengesetz (1872) - Bernhard Rive - Maigesetze (1873, 1874, 1875) - Namborner Aufruhr (1874) - Verhaftung des Erzbischofs von Gnesen (1874) - Jakob Isbert - Klostergesetz (1875) - Quod numquam (1875) - Brotkorbgesetz (1875) - Marienerscheinungen in Marpingen 1876/1877 - Canossasäule - Franz Brand (Großdechant) - Iampridem (1886) - Adalbert Falk - Georg von Kopp
Repressalien gegen die Sozialdemokratie und Sozialgesetzgebung
Leipziger Hochverratsprozess - Sozialistengesetze - Kleiner Belagerungszustand - Umsturzvorlage - Zuchthausvorlage - Bismarscksche Sozialgesetzgebung - Kaiserliche Botschaft (1881) - Gesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter (1883) - Unfallversicherungsgesetz (1884) - Februarerlasse (1890)
Innere Zentralisierung
Einführung der Reichsmark - Einführung des Reichsstrafgesetzbuches - Bürgerliches Gesetzbuch - Reichspost (1872 bis 1920) - Reichsvereinsgesetz - Norddeutsche Maß- und Gewichtsordnung
Wirtschaftspolitik
Schutzzollpolitik - Franckensteinsche Klausel - Agrarier - Konkursordnung - Hypothekenbankgesetz - Börsenenquetekommission
Nationale Minderheiten
Polenausweisungen (ab 1885) - Germanisierungspolitik - „Polonisierung“ - Preußische Ansiedlungskommission - Polnische Nationaldemokratische Partei - Polnische Liste - „Ruhrpolen“ - Narodowe Stronnictwo Robotników - Wreschener Schulstreik - Dänische Minderheit im Kaiserreich - Gustav Johannsen - Flensborg Avis - Spare- og Lånekassen for Flensborg og Omegn - Clausen-Linie - Vereinsrecht in Elsaß-Lothringen - Elsaß-Lothringische Zentrumspartei - Elsässische Fortschrittspartei - Zabern-Affäre - Straßburger Post - Eduard Teutsch - Charles de Wendel - Georges Weill - Franz de Schmid - Alphons Roellinger - Eloy Leveque - Peter Küchly - Franz Xaver Hoën - Franz Xaver Haegy
Auswirkungen des Ersten Weltkriegs
Burgfriedenspolitik - Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst - Osterbotschaft
Kabinette
Kabinett Bismarck (1871–1890) - Kabinett Caprivi (1890–1894) - Kabinett Hohenlohe-Schillingsfürst (1894–1900) - Kabinett Bülow (1900–1909) - Kabinett Bethmann Hollweg (1909–1917) - Kabinett Michaelis (1917) - Kabinett Hertling (1917–1918) - Kabinett Baden (1918)
Reichskanzler
Otto von Bismarck - Leo von Caprivi - Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst - Bernhard von Bülow - Theobald von Bethmann Hollweg - Georg Michaelis - Georg von Hertling - Max von Baden
Reichsämter
Auswärtiges Amt (ab 1871) - Kaiserliche Admiralität (1872), ab 1889 das Reichsmarineamt - Reichseisenbahnamt (ab 1873) - Generalpostmeister (1876–1880) bzw. Reichspostamt (ab 1880) - Reichskanzleramt für Elsaß-Lothringen (1876–1879) bzw. das Ministerium für Elsaß-Lothringen (ab 1879) - Reichsjustizamt (ab 1877) - Reichsschatzamt (ab 1879) - Reichsamt des Innern (ab 1879) - Reichskolonialamt - Reichsernährungsamt (ab 1916) - Reichswirtschaftsamt (ab 1917) - Reichsarbeitsamt (ab 1918)
Organisation und Repräsentation
Reichskanzlei - Wilhelmstraße - Friedrichsruh - Bismarck-Mausoleum - Bismarckdenkmal - Hamburger Bismarck-Denkmal
Reichstag - Reichstagsgebäude - Wahlrecht
Bedeutende Parteien
Nationalliberale Partei - Deutsche Zentrumspartei - Sozialdemokratische Arbeiterpartei - Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein - ab 1875 Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands , ab 1890 Sozialdemokratische Partei Deutschlands - Konservative Partei , Deutschkonservative Partei - Freisinnige Volkspartei - Freikonservative Partei - Deutsche Fortschrittspartei
Reichstagswahlen
Reichstagswahl 1871 - Reichstagswahl 1874 - Reichstagswahl 1877 - Reichstagswahl 1878 - Reichstagswahl 1881 - Reichstagswahl 1884 - Reichstagswahl 1887 - Reichstagswahl 1890 - Reichstagswahl 1893 - Reichstagswahl 1898 - Reichstagswahl 1903 - Reichstagswahl 1907 - Reichstagswahl 1912
Bedeutende Reichstagsabgeordnete
Rudolf Virchow - August Bebel - Wilhelm Liebknecht - Friedrich Ebert - Eduard Bernstein - Heinrich von Treitschke - Friedrich Naumann - Hugo Haase - Matthias Erzberger - Karl Liebknecht - Gustav Stresemann - Johann Heinrich Wilhelm Dietz - Eduard Lasker - Ludwig Bamberger - Rudolf von Bennigsen
Parteitage und Programme
Gothaer Programm (1875) - Erfurter Parteitag (1891)
Wahlbündnisse
Außenpolitik unter Bismarck
Außenpolitisches Wirken Kaiser Wilhelms I. - Bündnispolitik Otto von Bismarcks - Vorfrieden von Versailles (1871) - Friede von Frankfurt (1871) - Dreikaiserabkommen (1873) - Krieg-in-Sicht-Krise (1875) - Mission Radowitz (1875) - Freundschaftsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und Tonga (1876) - Eisenstuck-Affäre (1876-1878) - Kissinger Diktat (1877) - Berliner Kongress (1878) - Zweibund (1879) - Dreikaiserbund (1881) - Dreibund (1882) - Bulgarische Krise (1885-1888) - Karolinenfrage (ab 1885) - Protokoll von Madrid (1885) - Rückversicherungsvertrag (1887) - Mittelmeerentente (1887) - Schnäbele-Affäre (1887) - Konflikt um Samoa (1889) - Berliner Samoa-Konferenz (1889)
Außenpolitische Ereignisse und Konstellationen unter Wilhelm II. bis 1914
Politik der freien Hand - Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Vereinigten Königreich über die Kolonien und Helgoland (1890) - Französisch-Russische Allianz (1894) - Deutsche Einkreisungstheorie - Kontinentalliga (1895/1896) - Intervention von Shimonoseki (1895) - Krüger-Depesche (1896) - „Platz an der Sonne“ (Rede 1897) - Deutsch-Britisches Flottenwettrüsten (ab 1898) - Flottengesetze (ab 1898) - Manila-Zwischenfall (1898) - Deutsch-Spanischer Vertrag 1899 - Bethe-Hecq-Abkommen (1899) - Deutsche Weltpolitik um 1900 - Hunnenrede (1900) - Markomannia-Zwischenfall (1902) - Venezuela-Krise (1902/1903) - Entente cordiale - Erste Marokkokrise (1905) - Schlieffen-Plan (ab 1905) - Vertrag von Björkö (1905) - Optantenvertrag (1907) - Tweedmouth-Affäre (1908) - "Rede der Nibelungentreue" (1909) - Zweite Marokkokrise (1911) - Marokko-Kongo-Vertrag (1911) - Deutsche Militärmissionen im Osmanischen Reich (ab 1913)
Erster Weltkrieg
Erster Weltkrieg - Mission Hoyos - Blankovollmacht (1914) - Deutsches Ultimatum an Belgien - Mittelmächte - Septemberprogramm - Flamenpolitik - Niedermayer-Hentig-Expedition (1916) - Stotzingen-Mission (1916) - Friedensangebot der Mittelmächte (1916) - Brotfrieden - Friedensvertrag von Brest-Litowsk - Kreuznacher Kriegszielkonferenz (1917) - Zimmermann-Depesche (1917) - Friedensresolution - Friede von Bukarest (1918) - Deutsche Waffenstillstandskommission 1918 - Waffenstillstand von Compiègne - Lichtung von Compiègne - Dolchstoßlegende
Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich - Verschärfung des Antisemitismus nach dem Gründerkrach (ab 1873) - Der Börsen- und Gründungs-Schwindel in Berlin (1876 und 1877) - Berliner Antisemitismusstreit (1879-1881) - Notabeln-Erklärung (1880) - Interpellation Hänel (1880) - Berliner Bewegung (1880er) - Kantorowicz-Affäre (1880/81) - Antisemitismus und Sozialdemokratie (1893) - Antisemitenpetition (1880/1881) - Xantener Ritualmordvorwurf (1891/92) - Louis-Stern-Affäre (1895) - Judenzählung (1916) - „Judenfrage“ - Radau-Antisemitismus
Akteure
Alldeutscher Verband - Reichshammerbund - Bund der Landwirte - Deutschnationaler Handlungsgehilfen-Verband - Antisemitenliga (1879) - Deutsche Fortschrittspartei - Wilhelm II. - Adolf Stoecker - Wilhelm Marr - Max Liebermann von Sonnenberg - Theodor Fritsch - Otto Böckel - Otto Glagau - Heinrich von Treitschke - Ottomar Beta - Ernst Henrici
Dominanz Preußens
Verpreußung - Borussianismus - „Preußischer Geist“ - Swinemünder Depesche (1902) - Zabern-Affäre (1913)