Unter der Radikaltheorie verstand man eine von Justus von Liebig, Friedrich Wöhler und Auguste Laurent um 1830 entwickelte Theorie zum Aufbau organischer Verbindungen.
Auguste Laurent verwendete den Begriff Radikal dann auch für Stamm- und Nebenkerne aus einzelnen Atomen bzw. auch Atomgruppen in der Kerntheorie.
Der Begriff Radikal i. S. der Radikaltheorie ist nicht mit dem modernen Begriff des Radikals in den aktuellen theoretischen Chemiekonzepten gleichzusetzen. In der Radikaltheorie werden Aussagen über die Zusammensetzung eines chemischen Körpers getroffen, dieser bestehe aus mehreren kleinen Elementgruppen, eben den Radikalen.
Zusammen mit den, ebenfalls von Justus von Liebig entwickelten, neuen Methoden der Elementaranalyse war die Theorie wegbereitend für das Verständnis der organischen Chemie und ihrer Reaktionen im 19. Jahrhundert.
Andere zeitgleiche Überlegungen waren etwa die 1834 entworfene Substitutionstheorie (siehe hierzu Geschichte der Substitutionsreaktion) von Jean-Baptiste Dumas mit der Vorstellung der Substituierbarkeit des Wasserstoffs in organischen Verbindungen, z. B. durch Halogene.[1]