Das Theophanu-Evangeliar ist ein Evangeliar, das unter Äbtissin Theophanu (1039–1059) für das Stift Essen angefertigt wurde. Die einst mit einem kostbar verzierten Prunkeinband versehene, reich illuminierte Handschrift befindet sich heute in der Essener Domschatzkammer.
Da das Theophanu-Evangeliar fast identische Abmessungen wie das ebenfalls im Domschatz befindliche karolingische Evangeliar aufweist, ist zu vermuten, dass es dieses ältere Evangeliar als Prunkevangeliar in der Liturgie ablöste.[1] Es ist im Gesamtkontext der reichen Schenkungen zu sehen, die Theophanu für die Ausstattung der Essener Stiftskirche, des heutigen Domes, tätigte: das Theophanu-Evangeliar, das Theophanu-Kreuz sowie das Kreuznagel-Reliquiar. Sie sind sowohl durch ähnliche künstlerische Gestaltungsweisen wie auch funktional verbunden, denn alle drei Objekte haben einen engen Bezug zur Kreuzigung Christi. Das Evangeliar stellt die Kreuzigung in seinem Mittelbild dar, das Reliquiar enthält mit dem Heiligen Nagel eine der Reliquien der Passion Christi, und das Kreuz birgt unter seinem zentralen Schmuckstein eine Kreuzreliquie. Sie alle wurden wahrscheinlich im Rahmen der Osterliturgie am Karfreitag anstelle Christi symbolisch in ein Grab auf der Empore des Westwerks gelegt und in der Osternacht wieder hervorgeholt.[2] Möglicherweise wurden diese drei Objekte der Äbtissin auch bei feierlichen Anlässen als Hoheitszeichen vorausgetragen.[3]