Kollektaneenbuch

Ein Kollektaneenbuch aus der Mitte des 17. Jahrhunderts

Ein Kollektaneenbuch (auch Kollektanee) ist eine historische Bezeichnung für ein Notizbuch, also eine individuelle handschriftliche Zusammenstellung von Informationen in einem Buch. Kollektaneen sind aus der Antike überliefert und wurden vor allem in der Renaissance und im 19. Jahrhundert bewahrt. Sie waren mit unterschiedlichen Elementen gefüllt: Rezepte, Zitate, Briefe, Gedichte, Gewichts- und Maßtabellen, Redewendungen, Gebete und Rechtsformulierungen.

Kollektaneen wurden vor allem von Lesern, Autoren, Studenten und Gelehrten als Hilfsmittel genutzt, um sich an nützliche Konzepte und Fakten zu erinnern. Jedes Buch ist durch die besonderen Interessen seines Schöpfers einzigartig, allerdings findet man in ihnen nahezu immer Passagen aus anderen Texten, teilweise begleitet von Reaktionen bzw. Anmerkungen. Sie gewannen in der Frühen Neuzeit an Bedeutung.

Der englische Begriff „commonplace“ ist eine Übersetzung des lateinischen Begriffs locus communis (aus dem Griechischen tópos koinós, siehe Topos), dem das deutsche Gemeinplatz entspricht, etwa als allgemein bekannte Aussage einer sprichwörtlichen Weisheit. In diesem Sinne können Kollektaneenbücher Sammlungen von Sprichwörtern sein, wie das Beispiel von John Milton. Für Wissenschaftler heutzutage beinhalten sie Manuskripte, in welchen eine Person Materialien sammelt, die ein bestimmtes Thema wie Ethik oder verschiedene Themen in einem Band untersuchen. Kollektaneen sind private Sammlungen von Informationen, allerdings keine Tagebücher oder Reiseberichte.

1685 schrieb der englische Aufklärungsphilosoph John Locke auf Französisch eine Abhandlung über Kollektaneen, welche 1706 ins Englische unter dem Titel A New Method of Making Common-Place-Books übersetzt wurde. Er beschrieb darin Techniken zur Erfassung von Sprichwörtern, Zitaten, Ideen und Reden. Darüber hinaus gab er konkrete Hinweise, wie man Materialien nach Thema und Kategorie anordnen kann, indem man Schlüsselthemen wie Liebe, Politik oder Religion nutzt. Man muss betonen, dass Kollektaneen keine chronologischen und introspektiven Tagebücher sind.[1]

Im 18. Jahrhundert wurden sie zu einem Mittel zum Informationsmanagement, in dem man Zitate, Beobachtungen und Definitionen notierte. Sie wurden in privaten Haushalten verwendet, um ethische oder informative Texte zu sammeln, teilweise neben Rezepten oder medizinischen Rezepturen. Für Frauen, die von einer formalen Hochschulbildung ausgeschlossen waren, konnte ein Kollektaneenbuch eine Quelle für intellektuelle Referenzen sein. Die Edeldame Elizabeth Lyttelton führte eins von den 1670ern bis 1713[2] und ein klassisches Beispiel, welches Überschriften wie Ethical Fragments (deutsch: ethische Fragmente), Theological (deutsch: Theologie) und Literature and Art (deutsch: Literatur und Kunst) beinhaltete, wurde von Anna Jameson 1855 veröffentlicht[3]. Kollektaneen wurden von Forschern und anderen Denkern so wie heutzutage Datenbanken benutzt: Carl Linnaeus, zum Beispiel, nutzte diese Techniken, um die Nomenklatur seines Systema Naturae zu schaffen und zu organisieren (welches die Basis für Systeme bildet, die von Forschern heute genutzt werden).[4] Ein Kollektaneenbuch war oft eine lebenslange Gewohnheit: beispielsweise führte die englisch-australische Künstlerin Georgina McCrae eins von 1828 bis 1865.

  1. Nicholas A. Basbanes, "Every Book Its Reader: The Power of the Printed Word to Stir the World", Harper Perennial, 2006, p. 82.
  2. Christian Works : Elizabeth Lyttelton's commonplace book; English, French, and Latin; 1670s-1713. In: Cambridge Digital Library. Abgerufen am 31. Mai 2019. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  3. Mrs (Anna) Jameson, Robarts - University of Toronto: A commonplace book of thoughts, memories, and fancies; original and selected. London Longman, Brown, Green and Longmans, 1855 (archive.org). Vorlage:Cite book: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  4. M. D. Eddy: Tools for Reordering: Commonplacing and the Space of Words in Linnaeus's Philosophia Botanica. In: Intellectual History Review. 20. Jahrgang, 2010, S. 227–252, doi:10.1080/17496971003783773 (academia.edu). Vorlage:Cite journal: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.

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