L-Funktionen werden in der analytischen Zahlentheorie und darauf aufbauenden mathematischen Gebieten untersucht. Das prototypische Beispiel einer L-Funktion ist die Riemannsche Zeta-Funktion. L-Funktionen haben fundamentale Eigenschaften mit der Riemannschen Zeta-Funktion gemeinsam. Sie sind also Verallgemeinerungen der Riemannschen Zeta-Funktion. Zu den fundamentalen Eigenschaften der Riemannschen Zeta-Funktion zählen:
Basierend auf den grundlegenden Arbeiten von Leonhard Euler (1707–1783) zur heute so bezeichneten Riemannschen Zeta-Funktion, untersuchten die Mathematiker Bernhard Riemann (1826–1866), Peter Gustav Dirichlet (1805–1859), Richard Dedekind (1831–1916), Erich Hecke (1887–1947) und Emil Artin (1898–1962) grundlegende Unterklassen von L-Funktionen, die heute deren jeweiligen Namen tragen.
Die forschende Suche nach einer allgemeinen und eindeutigen Definition des Begriffs „L-Funktion“, welche die gewünschten und zum Teil noch unbewiesenen Eigenschaften von L-Funktionen beweisbar macht, ist noch nicht abgeschlossen. Vielmehr handelt es sich um ein wichtiges Ziel der analytischen Zahlentheorie, Klarheit über die sinnvollste Definition des Begriffs „L-Funktion“ zu gewinnen. In dieser Richtung hat Atle Selberg (1917–2007) im Jahr 1989 eine axiomatische Definition der Klasse aller L-Funktionen vorgeschlagen, die heute den Namen „Selberg-Klasse“ trägt.[1] Ob diese oder andere Definitionsvorschläge schon alle wünschenswerten Eigenschaften von L-Funktionen umfassen und unerwünschte ausschließen, ist noch nicht abschließend geklärt. Nach wie vor prägen mathematische Vermutungen (d. h. unbewiesene, aber für plausibel oder zumindest wünschenswert gehaltene Aussagen über Eigenschaften von L-Funktionen) die Theorie der L-Funktionen. Diese zählt somit weiterhin zu den Gebieten intensiver mathematischer Forschung.
Die beiden Begriffe „L-Funktion“ und „Zeta-Funktion“ werden häufig synonym verwendet. Trotzdem zählen nicht alle mathematischen Funktionen, deren Namen den Begriff „Zeta-Funktion“ enthalten, zu den L-Funktionen. Beispielsweise gehört die Primzetafunktion nicht zu den L-Funktionen, da sie analytisch nicht auf die ganze komplexe Ebene fortgesetzt werden kann.
Ein erstes Verständnis des Themenbereichs der L-Funktionen erfordert mathematische Kenntnisse im Bereich der komplexen Zahlen, der Funktionentheorie, der analytischen und algebraischen Zahlentheorie sowie der Darstellungstheorie von Gruppen. Solche Vorkenntnisse können in diesem Artikel zwar teilweise erläutert, aber nicht umfassend dargestellt werden.